Liebe Gemeinde,
solch ein Ostern gab es noch nie in der zweitausendjährigen Geschichte des Christentums. „Stell Dir vor, es ist Ostern, und keiner geht hin.“
solch ein Ostern gab es noch nie in der zweitausendjährigen Geschichte des Christentums. „Stell Dir vor, es ist Ostern, und keiner geht hin.“
Normalerweise ist die Kirche hier am Ostermorgen um 6 Uhr in Rimhorn gut gefüllt. Viele mögen es, zu dieser Zeit an diesem Ort in das Osterfest zu starten. Hinterher gibt es dann immer ein gemeinsames Frühstück im Gemeindesaal. Immer. Aber nicht heute. In dieser Nacht ist alles anders.
Als die drei Frauen sich damals auf den Weg machten, um ihren verstorbenen Freund Jesus die Totenehre zu erweisen, konnten sie sich auch nicht vorstellen, dass es dieses Mal ganz anders ablaufen würde als so etwas normalerweise abläuft. Die drei finden eine Situation vor, die sie sich in ihren kühnsten Träumen nicht hätten vorstellen können. Erst diese Wucht des Karfreitag, an dem die Katastrophe plötzlich und heftig in die Welt der Jünger brach. Ein paar Tage zuvor war Jesus ja noch umjubelt empfangen worden und es wirkte alles so schön und friedlich. Dann aber: die Hinrichtung und das qualvolle Sterben am Kreuz. Tod und Vernichtung schlugen mit Macht zu – der Himmel verfinsterte sich und der Vorhang im großen Heiligtum, dem Tempel, zerriss. Und dann, kaum war das realisiert: die Botschaft von der Auferstehung Jesu. Die Botschaft, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, sondern sich das Leben mit noch viel größerer Macht als je zuvor durchsetzt. Ostern.
So ist es doch für uns auch, im Jahr 2020. Erst diese machtvolle Pandemie mit ihren weltumspannenden Konsequenzen; Tod und Vernichtung brechen sich Bahn und stellen unser Leben auf den Kopf. Dann aber – und ich denke, wir ahnen das alle – werden auch wir erleben, dass es weitergeht. Anders als zuvor, kraftvoll, voller Leben.
Ich habe gestern in einem Beitrag gehört, dass die Welt nach den schlimmen, weltumspannenden Pandemien wie der Pest oder der sogenannten „Spanischen Grippe“ nach dem 1. Weltkrieg enorme Entwicklungssprünge in Gesellschaft, Wissenschaft, Technik und Wirtschaft gemacht hat. Die große Krise setzte jeweils enorme Ressourcen frei. Wie wohl unser Ostern, unsere Auferstehung 2020 aussehen wird…? Der Tod wird auf jeden Fall nicht das letzte Wort haben!
Heute morgen hier in dieser Kirche sind Michaela Balonier, Manuel Kelber-Bender und ich. Wie damals, am ersten Ostertag der Geschichte: drei einsame Gestalten. Eigentlich sind wir in diesem Jahr dem ursprünglichen Setting viel näher als sonst. Denn die Auferstehung fand zwar in jener Nacht statt, doch weitestgehend unbemerkt. Erst allmählich verbreitete sich die Botschaft vom Sieg des Lebens über den Tod. Dann aber umso gewaltiger. Damals wie heute gilt: Ostern findet statt. Der Auferstandene ist da. Und die Botschaft über den Sieg des Lebens wird sich verbreiten, hinaus in alle Welt. Über Facebook und YouTube, vor allem aber durch den Auferstandenen selbst. Und jede und jeder von Ihnen wird sein ganz persönliches Ostererlebnis haben.
Zum Schluss erzähle ich Ihnen mein persönliches Ostererlebnis.
Gestern Abend bin ich ins Bett gegangen, ohne dass ich eine Predigt für jetzt gehabt hätte. Meine Berufserfahrung hilft mir inzwischen dabei, dass ich trotzdem ruhig einschlafen kann. Der Wecker war auf halb 5 gestellt; das musste einfach reichen. Doch aufgewacht bin ich tatsächlich zwei Stunden früher.
Um halb 3 war ich schlagartig wach und hatte sofort die wesentlichen Aspekte dieser Ansprache parat, fühlte mich motiviert und beschenkt. Mein persönliches Ostern, mein persönliches Auferstehungserlebnis.
Um diese Zeit bin ich normalerweise nicht wach. Die meisten anderen auch nicht. Von über 1.000 Facebook-Kontakten waren eine Handvoll mit mir online (der grüne Punkt, die Insider wissen Bescheid;-)). Fünf Promille, sozusagen. Das hat mich auch tatsächlich berauscht. Mit diesen Fünfen habe ich meine ersten Ostergrüße ausgetauscht. Und es war alles dabei: Kollegen, Kirchendistanzierte, Ungetaufte, Andersgläubige… Jedem einzelnen bedeutet Ostern unterschiedlich viel. Und doch waren wir als kleine Schar mitten in der Osternacht für einen Moment ganz eng verbunden.
Ich wünsche Ihnen von Herzen Ihr ganz persönliches Ostererlebnis. Und ich wünsche Ihnen die Erfahrung, dass wir als Menschen auch in der Distanz im Feiern des Lebens miteinander verbunden sind.
„Der HERR ist auferstanden, ER ist wahrhaftig auferstanden!“ Amen.