Empörend!

Wir haben eine „Empörungskultur“, so habe ich vor Kurzem gelesen. Und ja, das stimmt. Menschen regen sich auf. Über andere Menschen. Natürlich besonders über „die da oben“, über die Verantwortlichen, Politiker, Entscheider. Gerne aber auch über „die Anderen“, die Nachbarn, die Ausländer, die Jungen, die Alten… Ganz offensichtlich liegen die Nerven blank. Irgendwo verständlich, weil viele Menschen unter den Corona-Einschränkungen leiden und sich um ihre Zukunft sorgen. Aber warum führen Krisensituationen wie die jetzige immer sofort zu Schuldzuweisungen? Warum muss immer „ein Schuldiger“ gesucht und gefunden werden? Warum können wir so schwer Dinge aushalten, ohne alles erklären zu können? Es muss an unserer Einstellung liegen. Scheinbar gehen wir davon aus, die Welt wäre perfekt und gut. Und wenn es irgendwo hakt, dann muss das irgendein böser Mensch – oder mehrere davon – (mutwillig) verursacht haben. 

Dabei können wir für eine Pandemie genauso gut oder schlecht einen Schuldigen ausmachen wie für einen Vulkanausbruch oder ein Unwetter.

Sicherlich, es gibt böses und mutwilliges Handeln von Menschen. Und das mag auch bei den Entscheidungen zur Bekämpfung der Pandemie vorkommen. Ganz oft aber werden Dinge nicht gut und richtig, weil unser Einfluß und unsere menschliche Macht eben begrenzt sind. Können wir nicht anderen zugestehen, was wir für uns selbst auch immer wieder in Anspruch nehmen? Dass wir nicht perfekt sind, nicht alles wissen, uns zwar bemühen, es aber trotzdem manchmal einfach nicht gut wird?

Wieder einmal geht es um Barmherzigkeit. Und wieder einmal passt die Jahreslosung für 2021 zu unserer Situation: „Seid barmherzig, wie auch Euer Vater barmherzig ist.“
(Lukas 6,36) Dass Gott uns und dieser Welt letztlich barmherzig ist, lesen wir überall in der Bibel. Endgültig klar wird es an Ostern, als durch die Auferstehung Jesu dem Tod die Macht genommen wird. Was in dieser Welt passiert, ist oft schlimm und grausam. Das alles ist aber nur vorläufig und wird nicht das letzte Wort haben. Am Ende sorgt Gott für ein „Happy End“, weil er barmherzig ist. Also sollten auch wir lieber an einer Barmherzigkeits- als an einer Empörungskultur arbeiten.