Die Kirche im Dorf lassen

„Jetzt wollen wir mal die Kirche im Dorf lassen“ – so formulieren wir es, wenn wir etwas „übertrieben“ finden. Wenn jemand spleenige Ideen hat oder ungewöhnliche Maßnahmen vorschlägt. In diesen Tagen der Corona-Krise sind unglaublich viele Maßnahmen umgesetzt worden, bei denen wir unter normalen Umständen bei jeder einzelnen gesagt hätten: „das ist ja völlig überzogen, wir wollen ja wohl mal die Kirche im Dorf lassen!“ Geschlossene Schulen und Kitas, heruntergefahrene Produktion, Kontaktverbot… All diese Maßnahmen sind (lebens-)wichtig, aber sie schränken unser gewohntes Leben in nie gekanntem Ausmaß ein und werden unsere Gesellschaft nachhaltig verändern. 

Ist da die Kirche noch im Dorf geblieben? 

Doch, tatsächlich, das ist sie. In jedem unserer Dörfer ist mindestens ein Kirchturm zu sehen, manchmal gibt es sogar zwei. Diese Kirchen sind zum größten Teil schon sehr lange dort, manchmal seit über 1000 Jahren! Sie haben Menschen kommen und gehen sehen, vielfältige Entwicklungen und Veränderungen überstanden. Sie haben Kriege und Krankheiten, aber auch Frieden und Wohlstand überlebt. Manchmal waren sie berstend voll, manchmal auch wieder gähnend leer. All das hat ihnen nichts ausgemacht. Sie sind da, immer noch. Genau genommen ist die Kirche das einzige Gebäude im Ort, das über Jahrhunderte seinen Sinn und Zweck nicht verändert hat. 

Heute wie damals zeugen die Kirchengebäude davon, dass Gott mitten unter uns wohnen will. Dass wir als Einzelne und als gesamte Menschheit nicht auf uns alleine gestellt sind, sondern dass sich der Schöpfer des Himmels und der Erde für uns, seine Geschöpfe, interessiert. 

Jesus Christus sagt: „Ich bin bei euch alle Tage, bis an das Ende der Welt.“ Diese Zusage findet sich am Ende des Matthäus-Evangelium und sie gilt auch und gerade dann, wenn es „Matthäi am Letzten“, also „kurz vor zwölf“ ist. 

Mit Gottes Hilfe werden wir auch diese Krise überstehen. ER bleibt bei uns. Und als äußeres Zeichen dafür werden wir auch weiterhin „die Kirche im Dorf lassen“.

Herzlichst,
Ihr Pfarrer Carsten Stein